Der Golf IV TDI - ein deutsches Qualitätsprodukt

 

Es begab sich im Jahr 1998, dass ich auf die glorreiche Idee kam, mir eine neues Auto zu gönnen. Dem damaligen Stand der Technik entsprechend und unter dem Gesichtspunkt der Wirtschaftlichkeit sollte es ein Golf IV TDI (110 PS) sein. In den Jahren zuvor waren meine Erfahrungen mit Gefährten aus dem Hause VW recht positiv gewesen. Doch was sich hier bis zum heutigen Tag gezeigt hat, ist eine Persiflage auf die stets gepriesene, deutsche Qualität.

Bei Auslieferung war das Lenkrad falsch montiert. Speichen nicht gerade. Sicht auf Armaturen eingeschränkt (Qualitätskontrolle offensichtlich unbekannt). Da noch innerhalb der Garantie, wurde dies von der Werkstatt gerichtet.

Nach Ablauf der Garantiefrist beginnt der Wagenhimmel zu klappern. Dies ist wohl ein bekannter Fehler, bedingt durch das Schiebedach. Reparatur würde ein Vermögen kosten, das ich nicht habe.
Der erste Gang lässt sich oftmals im Stand nicht einlegen. Das ist eine Sache, die ich bei äteren Modellen dieses Fahrzeugtyps auch schon erlebt habe. Kann mich nicht schockieren - wer braucht schon einen ersten Gang ?
Turboladerschaden bei 60.000km. Der Wagen ist kaum noch fahrbar. Reparaturkosten bei schnäppchenartigen 1000 €. Ich lasse den Eingriff vornehmen, nehme das Auto mit und weigere mich die Rechnung zu bezahlen - es kommt keine weitere Forderung. Es sei angemerkt, dass ich ein absolut defensiver Fahrer bin.
Die Innenraumbeleuchtung fällt aus. Wenig später brennt die Beleuchtung permanent und zwar alles, was über eine Glübirne verfügt, incl. rote Warnleuchten in der Tür. Ein Abstellen ist nicht möglich - musste Sicherung entfernen. Ein bekanntes Problem mit dem Mikroschalter in der Tür. Allerdings wird mir in der Werkstatt mitgeteilt, dass das Komfort-Steuermodul ebenfalls defekt sei. Kostet alles auch wieder ein Vermögen, das ich immer noch nicht habe. Also fahre ich nun ohne Innenbeleuchtung.
Scheibenwischer funktionieren nicht mehr, der Motor ist völlig korrodiert - erinnert mich optisch irgendwie an ein prähistorisches Ausgrabungsstück. Man wird es kaum erahnen - ein bekanntes Problem bei dem Modell (irgendwie bin ich nicht mehr überrascht). Nun, ohne Scheibenwischer lässt es sich schwerlich fahren. Meine Anrufe bei den regionalen Schrottplätzen führen zu Gelächter am anderen Ende der Leitung. Es scheint einen enormen Bedarf an den Motoren zu bestehen - keine Chance einen zu erwerben. Also, in den sauren Apfel beissen und neu kaufen - hält sich preislich noch im Rahmen (ca. 80 €). Interessanterweise ist der neue Motor wesentlich besser gegenüber eindringendem Wasser geschützt. Einbau nehme ich selber vor. Die Preise in den Werkstätten halte ich für obszön.
Die Sonne scheint, ich drehe die Sonnenschuzblende herunter und die Abdeckklappe für den integrierten Spiegel fällt mir auf den Schoß. Eine Plastiknase ist abgebrochen. Es wir mir wohl auf ewig ein Geheimnis bleiben, wie das geschehen konnte, wo ich dieses Teil noch nie benutzt habe. Mit Klebeband löße ich das Problem. Seit ich dieses Auto besitze, ist mein Bedarf an Klebeband signifikant gestiegen.
Ausfall der Spritzdüse für die Heckscheibe. Verfolge den Weg der Leitung und entdecke eine Kupplung unter dem Wagenhimmel bei linkem Rücksitz. Die Art und Weise, wie hier die Leitungsenden aufeinander gesteckt wurden, lässt mich vermuten, dass es Absicht sein muss, um den Werkstätten Reparaturaufträge zu sichern. Das kann in keinem Fall dauerhaft halten - umwickele die Stelle mit reichlich Klebeband und ärgere mich über das Scheibenwasser, das bisher in den Wagenhimmel gelaufen ist.
Die Aschenbecherbeleuchtung (ich weiß, Rauchen im Auto ist ein Übel) entwickelt ein Eigenleben - mal brennt sie, mal nicht. Möglicherweise wird dies über ein spezielles Programm von VW gesteuert, dass die Funktion über den Nikotingehalt im Wageninneren reguliert.
Das Dichtgummi der Beifahrertür löst sich und hängt nun von der Wagendecke. Alle Klebeversuche (Pattex, Sekundenkleber etc.) scheitern. Nach einiger Zeit löst es sich wieder - genervt gehe ich nun mit dem Tacker vor und beseitige das Poblem dauerhaft.
Der Warnsummer für das eingeschaltete Licht bei augeschalteten Motor gibt keinen Ton mehr von sich. Ein Summer aus dem Elektronikhandel wird kurzerhand angeschlossen. Will nicht wissen, was die Werkstatt hierfür verlangt hätte.
Die Fahrertür bleibt mir plötzlich versperrt. Der Schlüssel dreht sich nicht im Schloß. Frost als Ursache scheidet aus, da es Hochsommer ist. Ich bin durchaus flexibel - die Tür lässt sich von innen über die Beifahrerseite öffnen. Bei der Demontage zeigt sich später, dass der Schließzylinder nur noch Schrott ist - nahezu pulverisiert. Jetzt habe ich zwei Autoschlüssel an meinem Bund, das wollte ich schon immer.
Zur Abwechslung lässt sich wenige Wochen später die hintere, rechte Tür nicht mehr von außen öffnen. Auch hier wird ein neues Schloß fällig. Zum Glück bleibt mir ein weiterer Schlüssel erspart.
Das ist echte Qualität - will das Handschuhfach öffnen und halte den Griff in der Hand. Mir entfährt ein verzweifeltes Lachen - komme mir vor wie Tom Hanks in dem Film "Geschenkt ist noch zu teuer".

Nach meiner Überzeugung wird die Geschichte noch fortgeschrieben. Im Moment befinde ich mich bei Kilometerstand 125.000. In jedem Fall bin ich dankbar, dass ich das Auto damals (bewusst) ohne zusätzliche, elektronische Spielereien, wie z.Bsp. Fensterheber, Zentralverriegelung oder Klimamanlage geordert habe. Aus meinem Verwandtenkreis könnte ich noch Geschichten zum Besten geben, die sich mit Fensterhebern aus dem Hause VW befassen - lassen wir das. Es ist nahezu erschütternd, von welch unterirdischer Qualität gewöhnliche Bauteile (Griffe, Schlösser, Dichtungen etc.) an diesem Wagen sind.

Zu meiner Belustigung hat mir kürzlich das Unternehmen ein Schreiben zukommen lassen, in dem sie mich zum Kauf eines neuen Wagen bewegen wollen. Die Antwort werde ich mir wohl ersparen.   

Eines will ich aber zur Verteidigung anmerken - der Motor läuft (bisher) ohne nennenswerte SChwierigkeiten und kann als sparsam und zuverlässig bezeichnet werden.